JÜRG SCHWARZ - INSPIRIERENDE MACHER IM GESPRÄCH

CEO HABEGGER AG

Unsere neue Organisation und starken Werte unterstützen unseren hybriden Wachstumskurs. Wie Krisen zu neuen Wachstumsmöglichkeiten führen können – Jürg Schwarz bietet einen Einblick hinter die Kulissen der Live-Kommunikationsbranche. 


Jürg, welche aktuellen Projekte verfolgt Habegger?

Wir sind ein internationaler Anbieter von Live-Kommunikations-Formaten. Zu unseren Kunden gehören Familienunternehmen wie Victorinox aber auch IWC, die Credit Suisse oder die Fifa. Einige der bekannten Anlässe, die wir organisieren sind Art on Ice, die Thuner Seespiele, das Seaside Festival, wie auch die Generalversammlung der Zurich Insurance Group. 

Wir bieten 40 verschiedenen Berufsbilden eine Heimat, haben Domizile in der Schweiz, Österreich und Doha und als Event-Community sind wir stolz auf unsere Positionierung im «Great Place To Work Ranking».


Gab es «Game-changing» Momente in deiner Rolle als CEO?

Ja, konkret fallen mir 2 grössere Transformationsphasen ein. Einerseits bin ich meine Rolle als CEO direkt nach einer grossen Reorganisation angetreten, was einen turbulenten Start mit sich brachte. Zu diesem Zeitpunkt florierte die Live-Event-Branche zwar, aber intern bei Habegger gab es Herausforderungen zu meistern.

Anderseits war da der Februar 2020, welcher unser Geschäft pandemiebedingt von einem Tag auf den anderen in Frage stellte.


Wie müssen wir uns diesen Moment vorstellen? Wie hast du als CEO reagiert in dieser Situation?

Nachdem 2019 das erfolgreichste Jahr in unserer Geschichte war, befand ich mich Anfang 2020 gerade für zwei Monate auf Reisen mit meiner Familie.

Als ich am 17. Februar 2020 zurück in die Schweiz kam, wurden bereits erste Veranstaltungen im Ausland abgesagt. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie ernst die Situation war, denn plötzlich ging unser Umsatz auf Talfahrt und brach komplett zusammen. Die Lockdowns waren besonders prägend für uns, da wir nicht nur unseren Job an den Nagel hängen mussten, sondern auch unser Hobby und unsere Leidenschaft, welche wir täglich mit unserer Arbeit verbinden. Denn eine klare Trennung von Beruf und Leben gab es bei uns vorher nicht, wir lebten unsere Berufung.

Wir standen also vor der sehr zentralen Frage: stellen wir uns tot und gehen komplett in Kurzarbeit oder werden wir aktiv und schauen nach alternativen Lösungen?

Im Dialog mit unseren Kunden stellten wir glücklicherweise fest, dass diese auch während der Pandemie ein Bedürfnis zu kommunizieren haben und gewisse Veranstaltungen durchführen wollten. Wir haben somit schnell auf das Organisieren digitaler Events umgestellt und Plattformen entwickelt, über welche wir digitale und später hybride Events durchführen konnten.

Innovation ist vielmehr eine Reise als eine Destination.
— Jürg Schwarz

Beim Thema Innovationskraft im «Great Place to Work Ranking» schneidest du mit deinem Team regelmässig sehr gut ab. Wie gelingt euch das?

Ich bin der Meinung, dass man Innovation bewusst vorantreiben kann. Innovation ist vielmehr eine Reise als eine Destination.

Gerne möchte ich ein Beispiel hierfür mit euch teilen: Wir haben viel Geld in unser Innovationslab gesteckt und mussten leider feststellen, dass sich unsere Leute nicht in ein Innovationslab begeben um innovativ zu werden. Somit haben wir uns entschlossen, die innovative Arbeitsumgebung hin zu den Mitarbeitenden zu bringen und die Arbeitsplätze wie eine Perlenkette, entlang der Customer Journey aneinander zu reihen. Wir stellen fest, dass dieser Weg zu spürbar mehr Kollaboration und Interaktion führt.


Welche Rolle spielten Werte in dieser schwierigen Zeit für euch?

Unsere Aussagen und Versprechen von vor 5 Jahren wurden zitiert und herausgefordert. Ein Beispiel: An einem Punkt kam ein langjähriger Kunde zu uns und hat uns mitgeteilt, dass er nur noch mit uns arbeiten möchte, wenn unsere Mitarbeitenden geimpft sind.

Dies führte zu folgendem Dilemma: Sind uns unsere selbstbestimmten, freizügigen Werte wichtiger oder unser Umsatz? Die Eventbranche ist sehr freiheitsliebend und auch unsere Mitarbeitenden haben den Anspruch, dass wir für dieses Leitbild einstehen. Wir haben uns schlussendlich gegen eine Impfplicht ausgesprochen und das Event konnte schliesslich trotzdem in der Form mit bereits geimpften Mitarbeitenden durchgeführt werden. Der Entscheid fiel uns nicht leicht, aber das Wohl unserer Mitarbeitenden haben wir langfristig als wichtiger erachtet.

Heute ein goldrichtiger Entscheid. Denn welchen Umsatz wollen wir künftig anstreben ohne die Leute an Board?

Wir haben viel Geld in unser Innovationslab gesteckt und mussten feststellen, dass sich unsere Leute nicht in ein Innovationslab begeben um innovativ zu werden.
— Jürg Schwarz

Es gibt eine Studie, welche besagt, dass einem CEO einmal in seiner beruflichen Laufbahn eine grosse Transformation gelingt. Kannst du dieser Feststellung etwas abgewinnen?

Diese Frage hat mich 2014 mit Vollgas eingeholt.

Bei mir wurde eine sehr seltene Immunerkrankung diagnostiziert, welche meine Nieren zerstört hat. Als Folge davon musste ich 2,5 Jahre lang drei Mal pro Woche zur Dialyse. Diese diente lediglich dem Lebenserhalt, die Lebensqualität war stark eingeschränkt, denn ich fühlte mich ständig wie nach einer durchzechten Nacht. Glücklicherweise lebe ich heute mit einer Spenderniere meiner Frau, für welche ich ihr unendlich dankbar bin, und es geht mir sehr gut.

Während dieser schwierigen Phase habe ich mich des Öfteren gefragt, wie mein Leben wohl weitergehen könnte und was die Zukunft mit sich bringt.

Da habe ich für mich realisiert, dass ich mich nicht mit Sachen aufhalten möchte, welche ich nicht verändern kann, sondern meinem ‘Circle of Influence’ folge. Diese Erfahrung und Erkenntnis prägt mein Handeln im (Berufs-)Alltag bis heute.

Da habe ich für mich realisiert, dass ich mich nicht mit Sachen aufhalten möchte, welche ich nicht verändern kann, sondern meinem ‘Circle of Influence’ folge
— Jürg Schwarz

Welches sind die 2 besten Entscheide, welche du in deiner beruflichen Karriere getroffen hast?

#1: Du scheiterst nicht an Entscheiden, die du fällst, sondern an jenen Entscheiden, die du nicht fällst. Hierzu gehört das Beispiel von Trennungen von Mitarbeitenden, welche sich nicht an unseren Kernwerten orientieren.

Wenn wir trotz Bemühungen keine Verbesserung erfahren, war die Trennung schliesslich der richtige Entscheid, denn der Kollateralschaden wäre exponentiell.

Dieser Entscheid führte dazu, dass wir unsere Glaubwürdigkeit hinsichtlich unserer Werte stärken konnten, wodurch wir auch als Unternehmen an Verlässlichkeit gewonnen haben.

#2: Wir haben in der Transformation auch begonnen zu hinterfragen, ob die beste Experten auch die besten ‘Leader’ sind. Wir sind zum Schluss gelangt, dass heute nicht zwingend die beste Fachspezialist:in auch den Lead übernehmen soll, sondern jene Person, welche das Team am besten leiten und Talente nachziehen kann. Zudem arbeiten wir nicht mehr anhand klassischer Abteilungen, sondern entlang des «Customer Jorney»-Prozesses, was sich bewährt.


Bei welchem Entscheid würdest du heute einen anderen Weg wählen?

Dazu habe ich wieder ein Beispiel: In diesem Fall habe ich es nicht geschafft, eine Person in die gewünschte Position zu entwickeln. Der Mitarbeitende hätte neben mir eine zentrale Führungsrolle einnehmen sollen. Basierend auf dieser Erfahrung stelle ich mir heute stets die Frage, «habe ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft um diese Schlüsselperson zu entwickeln»? Im besagten Falle muss ich mir eingestehen, dass ich mehr hätte tun können und wir als Unternehmen mit dieser Person an unserer Seite heute schneller gewachsen wären.

Da fällt mir gleich noch ein zweites Beispiel ein: Rückblickend haben wir unseren Fokus im Transformationsprozess zu stark auf die Prozessoptimierung und zu wenig auf unsere Mitarbeitenden gelegt. Auch lege ich heute das Augenmerk bewusst weniger auf unsere Schwächen, sondern konsequenter auf die Stärkung unserer Stärken.

Du scheiterst nicht an Entscheiden, die du fällst, sondern an jenen Entscheiden, die du nicht fällst.
— Jürg Schwarz

Lieber Jürg, was für ein reichhaltiges Schlusswort. Vielen Dank für diesen vertrauensvollen Einblick in dein berufliches und persönliches Wachstum. Wir schätzen deine differenzierte Perspektive und wünschen dir weiterhin viel Erfolg beim Hinterfragen des Status Quo.

Mehr Informationen zur Habegger Gruppe finden sich hier

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